Gerda Hasselfeldt im Interview mit dem Straubinger Tagblatt
Im Interview mit dem Straubinger Tagblatt spricht die CSU-Landesgruppenvorsitzende über die schwierige Abstimmung mit der FDP beim Thema Betreuungsgeld, den Fehlstart des SPD-Kanzlerkandidaten und die Erfolge der christlich-liberalen Bundesregierung im Kampf für eine Stabilitätsunion in Europa.
Straubinger Tagblatt:
Frau Hasselfeldt, Betreuungsgeld, Frauenquote, Rente, Energiewende, auf all diesen Bereichen kommt die Koalition nicht recht voran. Ist das Modell Schwarz-Gelb ein Jahr vor der Bundestagswahl bereits am Ende?
Gerda Hasselfeldt:
Die christlich-liberale Koalition hat gute Arbeit geleistet, Deutschland ist gut durch die Krise gekommen, wir haben Rekordbeschäftigung und auch weiterhin Wirtschaftswachstum. Die Zusammenarbeit innerhalb der Koalition funktioniert. Ich bin sicher, dass wir auch bei den angesprochenen Themen zu guten Ergebnissen kommen werden. Beim Betreuungsgeld ist die Linie bereits seit Monaten klar abgesprochen. Daher ist es für mich etwas unverständlich, dass es innerhalb der Liberalen immer noch Diskussionen darüber gibt. Aber ich hoffe und bin auch zuversichtlich, dass wir das Betreuungsgeld in den kommenden Wochen beschließen werden. Die Schnittmengen mit der FDP sind nach wie vor groß.
Straubinger Tagblatt:
Mit ihrem Vorstoß zur Zuschussrente hat Sozialministerin Ursula von der Leyen auch in der eigenen Partei Widerspruch geerntet. Fest steht aber, dass Altersarmut sowie die Finanzierung der Rente in den kommenden Jahrzehnten immer mehr zum Problem werden. Wie kann eine Lösung dieser Probleme aus Ihrer Sicht aussehen?
Gerda Hasselfeldt:
Altersarmut ist derzeit kein aktuelles Problem, aber wir müssen angesichts des demographischen Wandels natürlich für die Zukunft Sorge tragen. Der Vorschlag der Sozialministerin wirft das Fürsorgeprinzip und das Versicherungsprinzip durcheinander. Für die Fürsorge, die die Menschen vor Armut bewahrt, gibt es die staatliche Grundsicherung. Die Rente dagegen richtet sich nach dem Versicherungsprinzip. Deshalb haben wir Bedenken angemeldet. Unabhängig davon müssen wir darauf achten, wie sich die Rente all derjenigen entwickelt, die kürzere Beitragszeiten haben. Unsere Priorität liegt dabei auf der stärkeren Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung. Das gilt insbesondere für die Frauen, die ihre Kinder vor 1992 geboren haben. Dort ist die Gerechtigkeitslücke am Größten.
Straubinger Tagblatt:
Werfen wir einen Blick auf den Herausforderer. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück ist mit Vorschlägen zur Bankenregulierung vorgeprescht. Wie beurteilen Sie dies?
Gerda Hasselfeldt:
Hier outet sich Steinbrück als Plagiator. Die meisten seiner Vorschläge sind bereits angepackt oder schon umgesetzt, etwa bei der Finanzmarktregulierung. Der Steinbrück-Vorschlag, Investmentsparten von Geschäftsbanken abzutrennen, ist nicht die Lösung des Problems. Reine Investmentbanken wären nicht sicherer und auch deren Insolvenz schlägt auf den ganzen Finanzbereich durch. Das haben wir bei der Pleite von Lehman-Brothers – einer reinen Investment-Bank – erlebt. Daran wird deutlich, dass dieser Vorschlag nicht zielführend ist.
Straubinger Tagblatt:
Steinbrück gilt als Pragmatiker und er zählt nicht zum linken Flügel seiner Partei. Befürchten Sie nicht, dass es ihm gelingen könnte, viele bürgerliche Wähler für sich zu gewinnen?
Gerda Hasselfeldt:
Es ist in der Tat so: Steinbrück ist der Kandidat des rechten Parteiflügels. Außerdem kann er nur ein Thema: Wirtschaft und Finanzen. Auf anderen Feldern – etwa der Sozialpolitik – wird er an seinen eigenen Leuten scheitern. Den Spagat zwischen den SPD-Parteiflügeln, die sehr weit auseinander liegen, wird er nicht schaffen. Am Beispiel der Trennung von Investmentbanken von Geschäftsbanken wird außerdem deutlich, dass nicht alles durchdacht ist. Im Übrigen macht sich Akzeptanz bei den Wählern auch daran fest, ob ein Kandidat Vertrauen gewinnen kann und die nötige Sensibilität hat, sich in die Menschen hineinzuversetzen. Da habe ich bei Peer Steinbrück meine Zweifel.
Straubinger Tagblatt:
Auch die Union kann sich aber auf einige Maßnahmen zur Finanzmarktregulierung einlassen, siehe Finanztransaktionssteuer. Läuft doch alles auf eine große Koalition im kommenden Herbst hinaus?
Gerda Hasselfeldt:
Wir haben vieles von dem, was Steinbrück angemahnt hat, bereits auf den Weg gebracht. Bei der Finanztransaktionssteuer hat gerade Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble große Überzeugungsarbeit auf EU-Ebene geleistet. Das bedeutet aber nicht, dass nun einer großen Koalition das Wort geredet wird. Wir tun gut daran, mit unseren eigenen Konzepten die Wähler zu überzeugen und für ein optimales Ergebnis für CSU und CDU zu sorgen. Fragen nach einer Koalition stellen sich vor der Wahl nicht. Und im Übrigen haben wir nach wie vor deutlich mehr Gemeinsamkeiten mit der FDP als mit irgendeiner anderen Fraktion im Deutschen Bundestag.
Straubinger Tagblatt:
Dennoch ist Schwarz-Gelb die selbsterklärte Wunschkoalition. Was erwarten Sie nun von den Liberalen? Wie soll die FDP ihren Wiedereinzug in den Bundestag gewährleisten?
Gerda Hasselfeldt:
Das ist in erster Linie Aufgabe der FDP selbst. Sie muss sich auf ihre Kernkompetenzen besinnen und auch in den Fragen, die jetzt anstehen, Position beziehen. Sie muss also handlungs- und entscheidungsfähig sein. Ich bin zuversichtlich, dass dies der FDP auch gelingen wird.
Straubinger Tagblatt:
Die laufende Legislaturperiode ist bestimmt vom Kampf gegen die Verschuldung und der Rettung des Euro. Denken Sie, dass nun die wesentlichen Maßnahmen getroffen sind, um die Krise in absehbarer Zeit hinter uns zu lassen?
Gerda Hasselfeldt: Wir haben mit den Entscheidungen zum europäischen Stabilitätsmechanismus und zum Fiskalpakt wichtige Weichen gestellt. Wir geben den Krisenstaaten Zeit, aber auch immer mit der deutlichen Vorgabe, dass die Länder ihre Hausaufgaben machen müssen. Beispielsweise bei der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte und der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Daran führt kein Weg vorbei. Die Erfolge in Irland zeigen, dass der Kurs stimmt. Bei Griechenland werden wir den Bericht der Troika abwarten. In diesem Kurs sind wir übrigens vom Bundesverfassungsgericht bestätigt worden.
Straubinger Tagblatt:
Wolfgang Schäuble hat nun in einer Pressekonferenz mit Blick auf Griechenland gesagt, „there will be no Staatsbankrott“. Hat er damit die Troika-Bewertung vorweggenommen?
Gerda Hasselfeldt:
Ich glaube das ist überinterpretiert. Welche Themen werden aus Ihrer Sicht den kommenden Wahlkampf bestimmen? Hasselfeldt: Sicher werden die Bewältigung der Staatsschuldenkrise sowie die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Länder im Vordergrund stehen. Außerdem gilt es, die Energiewende voranzutreiben. Das kann nur in guter Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern gelingen. Hinzu kommt die wirtschaftliche und damit die sozialpolitische Entwicklung in unserem Land. Wir haben insgesamt weltweit eine Veränderung der wirtschaftlichen Bedingungen. Die Konjunkturerwartungen sind gedämpft. Alles, was in Richtung Steuererhöhungen geht, wie das die SPD plant, ist Gift für die weitere konjunkturelle Entwicklung. Zentrum für die Sozialpolitik ist eine gute Beschäftigungssituation. Deshalb müssen wir den eingeschlagenen Weg fortführen und weiter für eine hohe Beschäftigungsquote sorgen.