Gerda Hasselfeldt im FOCUS-Online-Interview

Die CSU-Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt weist im FOCUS-Online-Interview mit Martina Fietz die Kritik einer OECD-Studie zurück, das Betreuungsgeld wirke gegen die Integration und beachteilige Kinder von Migranten.

FOCUS Online:
In einer OECD-Studie heißt es, das Betreuungsgeld habe integrationshemmende Wirkung. Haben Sie die Zielgruppe der Migranten bei der Forderung nach dem Betreuungsgeld ausgeblendet und in erster Linie die eher konservativ ausgerichtete deutschstämmige Bevölkerung im Blick?

Gerda Hasselfeldt:
Selbstverständlich haben wir mit der Förderung durch das Betreuungsgeld alle Familien im Blick, die die Betreuung ihrer Kleinstkinder selbst in die Hand nehmen. Die CSU macht nicht dabei mit, Personengruppen gegeneinander auszuspielen. Die Herkunft, der soziale Status und der Bildungshintergrund dürfen keine Rolle spielen. Die Studie wird aber völlig zu Unrecht für Kritik am deutschen Betreuungsgeld herangezogen. Ihr Schwerpunkt liegt im Bereich Immigration und Arbeitsmarkt. Sie plädiert auf wenigen Zeilen und mit Blick auf Norwegen dafür, direkte Fördermittel für die private Betreuung von Kindern ab drei Jahren abzuschaffen. Ab diesem Alter habe ein gutes Kinderbetreuungsangebot deutlich positiven Einfluss, insbesondere auf Kinder von Zuwanderern. Aber: Das Betreuungsgeld in Deutschland ist für Kleinstkinder, nämlich Ein- und Zweijährige, gedacht. Ab dem Alter von drei Jahren besuchen bei uns fast 98 Prozent aller Kinder einen Kindergarten – und erfüllen damit die Maßgaben der OECD-Wissenschaftler.

FOCUS Online:
In der Studie heißt es, das Betreuungsgeld veranlasse vor allem gering qualifizierte Frauen – vor allem aus Migrantenfamilien – dazu, zu Hause zu bleiben und sich keine Beschäftigung zu suchen. Wäre ein solcher Effekt des Betreuungsgeldes in Ihrem Sinne?

Hasselfeldt:
Das Betreuungsgeld steht einer Erwerbstätigkeit nicht im Wege. Es sollen auch die Mütter und Väter von Kleinstkindern erhalten, die arbeiten. Daneben wehren wir uns gegen die Unterstellung, Eltern könnten nicht mit Geld umgehen oder wüssten nicht, was gut für ihr Kind ist. Richtig ist doch: Eltern sind die wahren Erziehungsprofis!

FOCUS Online:
Die Studie beklagt, dass die Frauen aus Migrantenfamilien, die ihre Kinder zu Hause erziehen, zwangsläufig ihrem Nachwuchs wenig Bildungs- und Integrationsimpulse geben könnten. Sehen Sie diese Gefahr?

Hasselfeldt:
Nochmal: Die Studie zieht diese Schlussfolgerung so nicht. Die Studie bezieht sich nicht auf ein Betreuungsgeld für Ein- und Zweijährige. Aber etwas anderes ärgert mich viel mehr: Es wird immer so getan, als ob Kinder in der familiären Betreuung nicht gefördert würden. Das ist doch Unsinn. Ich bin davon überzeugt, dass in den allermeisten Fällen die Eltern am besten wissen, was für ihre Kinder gut ist. Ob Kita oder private Kinderbetreuung – eine goldene Regel gibt es nicht. Jedes Kind ist anders. Eben deshalb wollen wir ja das Betreuungsgeld: Es schafft Wahlfreiheit und einen Ausgleich in der Familienpolitik.

FOCUS Online:
Schafft das Betreuungsgeld letztlich nicht mehr Probleme, als es löst?

Hasselfeldt:
Das Betreuungsgeld ist eine gute Sache! Lassen Sie es uns doch erst einmal einführen. Das Betreuungsgeld und der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz gehören zusammen. Die CSU tritt für beides ein. Wer hier wie die Opposition einen Gegensatz konstruiert, tut dies auf Kosten der Familien. Es braucht die bestmögliche Unterstützung für Eltern – unabhängig davon, wie sie ihr Familienleben organisieren. Und lassen Sie uns nicht vergessen: Zwei Drittel aller Eltern betreuen ihre Kinder in den ersten Lebensjahren selbst.

FOCUS Online:
Was erhoffen Sie sich vom Besuch der Kanzlerin bei der Gruppe der Frauen am Donnerstag? Gehen Sie davon aus, dass die Koalition eine Mehrheit für das Betreuungsgeld bekommt?

Hasselfeldt:
Davon gehe ich aus. Die Bundeskanzlerin steht hinter dem Betreuungsgeld. In der Koalition ist es seit Langem beschlossen. Es ist die Opposition, die ideologisch argumentiert und der Ansicht ist, der Staat könne besser entscheiden als Eltern, wie gute Kinderbetreuung aussieht. Dagegen sollten wir uns in der christlich-liberalen Koalition gemeinsam wenden. Wir stehen für ein anderes Familienbild.

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