Steuersenkungen, Quadriga-Preis und die Waffenlieferung an Saudi-Arabien

Interview Berliner Zeitung mit der Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Gerda Hasselfeldt

Frage:
Frau Hasselfeldt, wie fühlt man sich als Mund-zu-Mund-Beatmer der FDP?

Antwort:
Auch die CSU war immer dafür, die kalte Progression im Steuertarif abzumildern, wenn dies finanziell möglich ist. Schließlich betrifft dieses Problem vor allem die Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen. Dank der guten Wirtschaftsentwicklung können wir die Sache jetzt angehen – und trotzdem den Haushalt weiter konsolidieren.

Frage:
Seriöser wäre es gewesen, nicht nur ein Datum für die Reform anzukündigen, sondern gleich auch den Entlastungsumfang.

Antwort:
Ich sehe kein Problem darin, vor der Sommerpause die Zielvorgabe zu entscheiden und daraus bis zum Herbst ein konkretes Konzept zu erarbeiten. Die Sache muss schließlich gut vorbereitet sein.

Frage:
Kann es sein, dass es nur eine Änderung bei der Progressionsfrage gibt und keine weiteren Steuersenkungen?

Antwort:
Das Konzept werden wir im Herbst vorlegen. Wegen der kalten Progression wachsen jetzt im Aufschwung die Steuereinnahmen stärker als die Einkommen. Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, hier gegenzusteuern. Im Übrigen werden wir auch das Ziel der Haushaltskonsolidierung nicht aus dem Auge verlieren.

Frage:
Sind Sie enttäuscht von der Performance von Schwarz-Gelb?

Antwort:
Angesichts dessen, was wir objektiv erreicht haben – gute Arbeitsmarktzahlen, stabile wirtschaftliche Entwicklung…

Frage:
…das kann sich die Schwarz-Gelbe Koalition nicht alleine auf die Fahnen schreiben.

Antwort:
Es ist nicht nur, aber auch dieser Koalition zu verdanken. Angesichts dieser Umstände müssten unsere Umfragewerte jedenfalls besser sein.

Frage:
Sie sind es nicht. Woran liegt das?

Antwort:
Das liegt auch daran, dass wir zuletzt sehr viel Krisenbewältigung machen mussten und den Menschen viel Verständnis für schwierige Entscheidungen abverlangt haben. Das merke ich auch an meinen Kollegen und mir selbst: Die Maßnahmen zur Energiepolitik, zur Euro-Stabilisierung, zur Haushaltskonsolidierung – schon für uns ist es sehr viel Arbeit, das alles zu durchdringen. Für die Bevölkerung ist es noch schwieriger, das nachzuvollziehen. Dazu kommt, dass wir uns zu viel mit uns selbst beschäftigt haben. Das bedauere ich in besonderer Weise. Mein Verständnis von Politik ist: Sachliche Politik machen und die Probleme lösen, die auf dem Tisch liegen. Dazu braucht man Zeit und Geschlossenheit in den eigenen Reihen. Ich bedauere auch, dass es immer wieder darum geht, welche Partei sich gerade wo durchgesetzt hat. Das ist nicht das, was die Bevölkerung interessiert. Wir brauchen schwarz-gelben Teamgeist.

Frage:
Russlands Präsident Wladimir Putin soll in diesem Jahr den Quadriga-Preis erhalten, der unter dem Motto „Wir ehren Werte“ verliehen wird. Halten Sie das für gerechtfertigt?

Antwort:
Der Quadriga-Preis ist eine Privatinitiative und keine öffentliche Angelegenheit. Ich gehöre den Gremien dieser Vereinigung nicht an. Ich glaube allerdings, das Gremium wäre gut beraten gewesen, alle Aspekte zu berücksichtigen – auch die der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte.

Frage:
Können Sie verstehen, dass mehrere Kuratoriumsmitglieder wegen der Entscheidung ihren Rücktritt erklärt haben?

Antwort:
Ich könnte es noch besser verstehen, wenn ihnen das Problem nicht erst nach der öffentlichen Diskussion aufgefallen wäre.

Frage:
Der Bundessicherheitsrat hat nichts dagegen, dass Saudi-Arabien aus Deutschland 200 Kampfpanzer bekommt. Finden Sie es richtig, Kriegsgeräte in Krisengebiete zu liefern?

Antwort:
Über die Anfrage, ob Panzer nach Saudi-Arabien geliefert werden könnten, wurde offenbar in einem Gremium diskutiert, das geheim tagt. Selbstverständlich gelten dabei die strengen Rüstungsexportbeschränkungen.

Frage:
Sollte die Regierung ihre Entscheidung begründen?

Antwort:
Es gibt – unabhängig von diesem Einzelfall - gute Gründe für die Geheimhaltung. Dabei muss es bleiben.

Frage:
Der Bundespräsident sagt, der Bundestag hätte seit Jahren versuchen können, mehr Einfluss auf die Rüstungsexport-Entscheidungen zu bekommen.

Antwort:
Ich sehe dazu keine Veranlassung. Ich bin mit Stolz Parlamentarierin. Ein Parlament aber ist keine Regierung, beide haben ihre Aufgaben. Es geht ja auch um Sicherheitserwägungen. Das sollte man nicht am freien Markt austragen. Das ist in anderen Ländern auch Usus.

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