Dr. Peter Ramsauer im Interview mit Christian Schütte, Deutschlandfunk
CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer hat sich zufrieden mit dem Ergebnis seiner Partei bei der Europawahl gezeigt. Man habe sich mit dem Bekenntnis zu Steuererleichterungen klar positioniert und auch gezeigt, dass diese trotz schlechter Steuerschätzungen möglich seien. Das Gesamtergebnis zeige auch, dass eine bürgerliche Mehrheit in Deutschland möglich sei, betonte Ramsauer.
Frage:
Hochstimmung bei der CSU nach der Europawahl, man könnte auch sagen Erleichterung, denn ganz hundertprozentig sicher war es eben nicht, ob die Christsozialen auf Deutschland umgerechnet die Fünf-Prozent-Hürde nehmen und ins Europaparlament einziehen würden. Doch jetzt ist die Welt wieder blauweiß.
Mitgehört hat Peter Ramsauer, Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag. Guten Morgen, Herr Ramsauer.
Ramsauer:
Guten Morgen, Herr Schütte.
Frage:
Die CSU hat nach dem Debakel bei der Landtagswahl wieder Boden gutgemacht. Unter der Führung von Horst Seehofer ist die Lehre der gestrigen Wahl die: Profilierung auf Kosten der Schwesterpartei CDU zahlt sich aus.
Ramsauer:
Die CSU braucht sich nicht zu Lasten anderer profilieren. Wir haben für unsere Inhalte gerackert und gekämpft, das hat sich jetzt ausbezahlt, aber wir lassen die Kirche im Dorf und die Tassen im Schrank. Wir freuen uns über dieses Ergebnis ohne jeden Übermut. Jetzt geht es bis zur Bundestagswahl weiter darum, gerade in der Wirtschaftskrise marktwirtschaftliche Leitplanken zum Tragen zu bringen.
Frage:
Herr Ramsauer, halten wir zunächst noch einmal fest: Die CSU siegt aus eigener Kraft, aber gegen die CDU. Horst Seehofer hat die Kanzlerin belagert, hat ihr ein Bekenntnis zu Steuererleichterungen abgerungen. Hier die Schwesterpartei vor sich herzutreiben, das hat sich offenbar ausgezahlt?
Ramsauer:
Wir haben die Schwesterpartei nicht vor uns hergetrieben, wir haben nicht gegen sie Politik gemacht, weil die CDU in Bayern bei der Europawahl und auch sonst nie zur Wahl stand. Wir haben bei dem Thema Steuererhöhungen genau das getan, was eine große Mehrheit innerhalb der Union will, was marktwirtschaftlich auch mittel- und langfristig erforderlich ist, was trotz schlechter Steuerschätzungen auch möglich ist: Wir haben ein klares Konzept dazu vorgelegt, und zwar in Übereinstimmung mit der CDU. Wir erarbeiten derzeit gerade das gemeinsame Wahlprogramm, da steht das genauso auch drinnen.
Frage:
Aber die Übereinstimmung musste erst noch einmal hergestellt werden. - Herr Ramsauer, der Wirtschaftsminister, Herr zu Guttenberg, der hat sich bei der Rettung von Opel kritisch geäußert, hat vor einer Belastung der Steuerzahler gewarnt und sich damit auch gegen die Kanzlerin positioniert. Auch das hat der CSU in Bayern geholfen, oder?
Ramsauer:
Wir waren uns innerhalb der CSU immer einig - und als Vorsitzender der CSU-Landesgruppe sage ich, insbesondere die CSU-Landesgruppe war sich immer voll und ganz einig -, dass wir gutes Steuerzahlergeld, das gute Geld der Steuerzahler nicht schlechten Unternehmenskonzepten hinterherwerfen dürfen. Selbstverständlich sind wir in dieser Krise in großer Verantwortung für die Arbeitsplätze, aber auf der anderen Seite ist ja das Geld, was gegebenenfalls durch staatliche Hilfen in Frage steht, Geld der Steuerzahler, das haben wir zu verantworten. Wenn der Staat irgendwo hilft, dann ist das an knallharte Bedingungen geknüpft, die ich in manchen prominenten Fällen, die dieser Tage im Raum stehen, schlicht und einfach nicht erfüllt sehe.
Frage:
Also auch bei Arcandor nicht?
Ramsauer:
Da wird heute noch mal geprüft. Solange die Reserven, die dem Konzern innewohnen, dem Arcandor angehört, nicht vollkommen ausgeschöpft sind, kommen wir hier nicht weiter. Das muss erst getan werden. Wenn man sich die Eigentümerstrukturen ansieht, dann hat dieses Unternehmen noch viele, viele eigene Reserven. Jetzt hier Steuergeld reinzuwerfen, wäre vor diesem Hintergrund nicht angebracht.
Frage:
Herr Ramsauer, welches politische Kapital schlagen Sie als CSU in Berlin aus dem Sieg bei der Europawahl?
Ramsauer:
Wir haben ein ordentliches Ergebnis erzielt. Noch mal: Wir nehmen das mit Freude zur Kenntnis, aber die Kirche bleibt schön im Dorf. Das ist für uns Ermunterung für unsere ganzen bundespolitischen Inhalte. Das beginnt beim marktwirtschaftlichen Kurs in der Wirtschaftskrise, aber es zeigt uns vor allen Dingen, dass die Wählerinnen und Wähler uns am ehesten zutrauen, Deutschland durch die Krise und dann aus der Krise zu führen. Dieses Ergebnis zeigt vor allen Dingen auch, dass eine bürgerliche Mehrheit in Deutschland möglich ist. Wenn man das Unionsergebnis zusammenzählt mit der FDP, dann gäbe das sogar eine Mehrheit im Deutschen Bundestag jetzt schon.
Frage:
Aber das Ergebnis der Wahl ist auch 43 Prozent Wahlbeteiligung. Hat das Ergebnis überhaupt Aussagekraft für die Bundestagswahl?
Ramsauer:
Es hat eine gewisse Aussagekraft. Es ermuntert uns zumindest, intensiv getreu unseren Prinzipien weiterzuarbeiten. Natürlich konnte keine Partei bei dieser Wahlbeteiligung ihr volles Wählerreservoire ausschöpfen. Das liegt daran, dass Europa traditionell nie so im Mittelpunkt des politischen Interesses lag. Das wird bei der Bundestagswahl selbstverständlich ebenso naturgemäß anders sein.
Frage:
Herr Ramsauer, Sie haben jetzt mehrfach gesagt, wir wollen mal die Kirche im Dorf lassen. Nun unterstelle ich Ihnen mal oder kann zumindest glauben, dass Sie sich über das Wahlergebnis der CSU freuen. Aber auch die CDU sagte ja, es sei ein Erfolg gewesen. Wie kann das sein bei einer Wahl, bei der die Union deutlich verloren hat?
Ramsauer:
Man beurteilt solche Wahlergebnisse natürlich immer vor dem Hintergrund dessen, was sich in den letzten Monaten oder in den letzten Jahren entwickelt hat. Wir hatten in den letzten Jahren gerade als Union ausgesprochen schwierige Dinge zu meistern und deshalb wäre es nicht ganz richtig, auch gar nicht ganz fair, das nur zu messen am Wahlergebnis vor fünf Jahren bei der letzten Europawahl, sondern in Anbetracht der Gesamtentwicklung. Wir sagen ja als CSU auch, für uns ist das der Weg aus dem Tal gewesen, das wir im vergangenen Jahr durchschritten haben, eine wirklich gelungene Konsolidierung unserer Ergebnisse als CSU in Bayern. Ich glaube, diese Betrachtungsweise wird der Gesamtproblematik am ehesten gerecht.
Frage:
Damals, 2004, hat die Union von der Schwäche der SPD profitiert, doch jetzt sind diese Wähler gar nicht zur SPD zurückgegangen und die Union hat sie trotzdem verloren. Warum?
Ramsauer:
Dass die Ergebnisse in der Zeit 2004 natürlich auch auf der gigantischen Schwäche damals der SPD für uns gediehen sind, ist richtig. Dass die SPD noch mal abfällt, muss die SPD eigentlich im Höchstmaße regelrecht erschüttern. Ich bin gespannt, welche Konsequenzen die SPD aus diesem für sie verheerenden Ergebnis zieht. Wenn man das in Bayern noch mal ansieht, 12,5 Prozent für eine ehemals stolze Volkspartei, dann muss es selbst hartgesottenen Sozialdemokraten kalt über den Rücken laufen.
Frage:
Peter Ramsauer, Landesgruppenchef der CSU im Bundestag. Danke für das Gespräch.
Ramsauer:
Gerne!