Gespräch mit Dr. Reinhard Erös zur aktuellen Lage in Afghanistan

Die Stabilisierung und der Wiederaufbau Afghanistans standen im Mittelpunkt eines Gesprächs der CSU-Landesgruppe mit Dr. Reinhard Erös, dem Gründer der „Kinderhilfe Afghanistan“ und Autoren zweier Bücher über seine Arbeit für das Land.

Dr. Erös, der jährlich circa sechsmal nach Afghanistan reist, ist mit seiner Stiftung vor allem beim Aufbau von Schulen im Osten Afghanistans engagiert, einem mehrheitlich von Paschtunen bewohnten Gebiet. Die dort vorherrschenden Kernprobleme – die tägliche Sicherung des zum Überleben notwendigen Nahrungsbedarf sowie die rapide Ausbreitung von Koranschulen – lassen sich, so Dr. Erös, auch auf den Großteil der übrigen Landesteile übertragen und stellen derzeit die größten Hindernisse für die Stabilisierung Afghanistans dar.

Als Handlungsempfehlungen für die Afghanistan-Politik nannte Dr. Erös gezielte Investitionen in das Schul- und Bildungswesen (Aufbau von 15.000 säkularen Schulen einschließlich Ausbildung und Bezahlung von Lehrpersonal) sowie den verstärkten Aufbau föderaler Strukturen, da sich in Afghanistan viele Dinge einfacher und effizienter über die lokale Ebene als über die Zentralregierung in Kabul regeln ließen. Ebenso wie die „Kinderhilfe Afghanistan“ ausschließlich afghanische Mitarbeiter beschäftigt, so sollten die in Afghanistan tätigen Staaten die Stabilisierung so weit wie möglich in die Hände der afghanischen Bevölkerung übergeben.

Eine ausschließlich militärische Befriedung des Landes ist nach den Worten von Dr. Erös so gut wie aussichtslos. Dies belege die Tatsache, dass die Opiumproduktion in Afghanistan vor den Augen der ausländischen Truppen stark angestiegen sei. Statt einer Vernichtung der Anbauflächen sollten die Opiumernten aufgekauft und medizinisch genutzt werden.

Der Landesgruppenvorsitzende Dr. Peter Ramsauer wies auf die Bedeutung der an Afghanistan angrenzenden Länder für eine dauerhafte Stabilisierung hin – insbesondere Pakistan und Iran. Der außen- und sicherheitspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Thomas Silberhorn, forderte die am deutschen Einsatz in Afghanistan beteiligten Ressorts zur Formulierung nachprüfbarer und mit klaren Verantwortlichkeiten unterlegten Zielvorgaben auf. Zumindest in einem Landesteil müsste die Verantwortung so schnell wie möglich von den internationalen Akteuren vollständig auf die Afghanen übertragen werden.

Mit dem Expertengespräch setzte die CSU-Landesgruppe ihre intensive Beschäftigung mit dem Stabilisierungs- und Wiederaufbauprozess in Afghanistan fort. Bereits im Juli 2007 hatte die Landesgruppe im Rahmen ihrer Klausurtagung in Kloster Banz eine eigene „Zehn-Punkte-Strategie für Afghanistan“ verabschiedet.

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