Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Sebastian Brehm in der Haushaltsdebatte im Deutschen Bundestag zur allgemeinen Finanzdebatte, 10.9.2024.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 

Wir diskutieren ja den Nachtragshaushalt 2024, den Haushaltsentwurf 2025 sowie die Finanzplanung 2026 bis 2028. Und das war heute, Herr Bundesfinanzminister, schon ein denkwürdiges Schauspiel. Sie reden von Wachstum, von Leistung, von Wohlstand, von Wettbewerbsfähigkeit, von Entbürokratisierung und sagen: Politik muss liefern. – Das Problem ist: Sie liefern überhaupt nicht und setzen sich in dieser Bundesregierung auch null Komma null durch.

Das war ein Wahlwunschzettel der FDP; die Bürger sehen das ganz genau. Und dieser Wahlwunschzettel wurde bei den letzten Wahlen mit einem Denkzettel goutiert, und zwar mit 1,2 Prozent, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Kommen wir nun zu den Fakten. Ich will Ihnen mal ganz kurz ein paar Punkte aus dem Bericht des Bundesrechnungshofs zu diesem Haushalt vortragen: Ausgaben und Neuverschuldung des Bundes bleiben im Planungszeitraum 2024 bis 2028 weiterhin expansiv. Beim Umgang mit der Schuldenregel werden weiterhin auch zum Teil erhebliche rechtliche Risiken in Kauf genommen. Die Zinsausgaben bleiben hoch, sie sollen zukünftig heruntergerechnet und teilweise in die Zukunft verschoben werden. Die Dimension der globalen Ansätze im Haushalt 2025 ist mit dem parlamentarischen Budgetrecht nicht vereinbar. Die Finanzplanung für die Jahre 2026 bis 2028 offenbart erhebliche Tragfähigkeitslücken. Und: Mit der von der Bundesregierung vorgelegten Planung wird die Rückkehr Deutschlands zu finanzieller Stärke und Resilienz nicht gelingen.

Der Bundesrechnungshof empfiehlt dem Bundestag, sich auf diesen Haushalt nicht einzulassen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, vernichtender kann ein Urteil über einen Haushaltsentwurf überhaupt nicht sein. Also kommen Sie zur Vernunft in den Beratungen!

Vor der Coronazeit hatten wir Ausgaben in Höhe von 357 Milliarden Euro. Im laufenden Haushalt haben Sie 488 Milliarden Euro veranschlagt, zuzüglich der 50 Milliarden Euro aus den Sondermögen. Das sind 200 Milliarden Euro mehr in dieser Legislaturperiode.

Das sind 50 Prozent mehr. Sie geben das Geld aus, als gäbe es kein Morgen mehr. Und das werden wir nicht mitmachen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Und zusätzlich kommen 2024 50,3 Milliarden Euro an Verschuldung hinzu. Die tatsächliche Verschuldung liegt sogar bei 112 Milliarden Euro, wenn man alles mit hineinrechnet. 2025 sind es 51,3 Milliarden Euro Schulden, mit Sondervermögen belaufen sich die tatsächlichen Schulden auf 86,9 Milliarden Euro. Und Sie haben vorhin gesagt: Wir wollen Generationengerechtigkeit! – Schauen Sie in den Rechnungshofbericht. Den haben Sie wahrscheinlich nicht gelesen; das würde ich Ihnen empfehlen. – In den Jahren 2026 bis 2028 fehlen 100 Milliarden Euro, weil nämlich 2027 das Bundeswehrsondervermögen ausläuft. Und die Nachfinanzierung – Sie haben von Verpflichtungsermächtigung gesprochen – ist eben nicht sichergestellt, sondern da ist noch eine klaffende Lücke im Haushalt für die nächsten Jahre.

Hinzu kommen Haushaltstricks: 12 Milliarden Euro globale Minderausgabe. Die Einsparungen, die Sie planen, sind noch gar nicht klar: Wer ruft Mittel ab und wer nicht? In den Einzeletats: 4,3 Milliarden Euro Minderausgaben. Sie verschieben 7,3 Milliarden Euro Zinslasten, die in 2025 getragen werden müssen, in die nächsten Jahre, als sogenannte periodengerechte Verbuchung. Übrigens hat es das noch nie gegeben.

Sie nehmen sich 1,5 Milliarden Euro von der KfW, die eigentlich zur Tilgung von Verbindlichkeiten verwendet werden müssen, und schieben die in den laufenden Haushalt.
Und das Größte von allem ist: Sie buchen in der Summe 6 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen ein aus einer Wachstumsinitiative, über die Sie sich selber noch überhaupt nicht im Klaren sind. Sie sprechen immer von 42 bis 45 Maßnahmen. Einigen Sie sich mal in der Regierung, dann legen Sie es uns vor, und dann kann man auch darüber diskutieren. Aber Sie können doch keine Einnahmen in den Haushalt einbringen, wo Sie noch gar nicht wissen, welche Maßnahmen Sie dazu konkret umsetzen. Das ist unseriös, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Und dann reduzieren Sie das Bürgergeld um 5 Milliarden Euro. Kollege Middelberg hat ja schon darüber gesprochen, dass auch das ein unseriöser Ansatz ist. Wenn schon, dann müssten Sie im Bürgergeld wirklich etwas tun. Aber im aktuellen Nachtragshaushalt geben Sie ja mehr Geld aus.

Zu den Einsparungen, die Sie vornehmen, sage ich: Wenn Sie Bürger in Arbeit bringen wollen, wenn Sie Bürgergeld reduzieren wollen, dann streichen Sie doch nicht 1 Milliarde Euro für Eingliederungsmaßnahmen in Arbeit.

Und wenn Sie sagen, dass wir für Integration Geld ausgeben müssen, dann dürfen Sie doch nicht 50 Prozent bei den Integrationskursen und 10 Prozent beim Bundesamt für Migration streichen. Sie streichen an den genau falschen Stellen, um die Probleme in unserem Land zu lösen. Das ist der Punkt. Lieber Herr Rohde, Sie haben gesagt: „Wir wollen Demokratie, wir wollen Menschenrechte achten“, doch Sie streichen 1 Milliarde Euro bei der Humanitären Hilfe im Auswärtigen Amt. Das ist einfach unseriös, Ihre Streichungen, die Sie machen.

Präsidentin Bärbel Bas:

Herr Brehm, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder Zwischenbemerkung von Otto Fricke?

Sebastian Brehm (CDU/CSU):

Selbstverständlich. Ich freue mich immer darauf.

Präsidentin Bärbel Bas:

Sie haben das Wort.

Otto Fricke (FDP):

Herzlichen Dank, Herr Kollege Brehm, dass Sie die Frage zulassen. – Wir stehen jetzt ja am Anfang der Haushaltsberatungen. Da ich bisher von der CDU/CSU eher nur Copy-and-paste-Aussagen vom Rechnungshof gehört habe, bin ich umso dankbarer, dass Sie konkrete Vorschläge, wenn auch Erhöhungsvorschläge, gemacht haben. Darf ich davon ausgehen, dass von Ihren Haushältern – Sie selber sind, glaube ich, nicht Haushälter – im Haushaltsverfahren Vorschläge und entsprechende Anträge zum SGB zu den Punkten, wo Sie gesagt haben: „Da dürft ihr nicht kürzen“, auch kommen? Und darf ich Ihnen gleichzeitig noch den Hinweis geben, dass bei einem Punkt, den Sie angesprochen haben, es ja kompensiert wird durch ein Umlageverfahren?

Sebastian Brehm (CDU/CSU):

Schauen Sie, lieber Herr Kollege Fricke, wichtig wäre, in diesem Haushalt klarzumachen, dass sich Leistung wieder lohnt. In unserem Land lohnt sich Leistung nicht.
Deswegen bräuchten wir diese Wachstumsinitiative, die der Bundesfinanzminister ankündigte. Und ich sage Ihnen: Diese Themen würden wir miteinander besprechen.
Zu Ihrer Forderung nach Anträgen bei den Kürzungen. Jetzt will ich schon einmal auf die letzten Haushaltsberatungen rekurrieren. Sie haben null Komma null Interesse daran, dass wir in diesem Parlament wirklich eine gute Zusammenarbeit hinkriegen.

Die globale Minderausgabe von 12 Milliarden Euro und die Minderausgaben in den Ministerien, 4,3 Milliarden Euro, werden doch ohne Einbeziehung des Parlaments beschlossen. Das machen die Minister doch selber.

Das ist eine Aushöhlung des Parlamentsrechts, die Haushalte zu diskutieren. Deswegen: Angesichts Ihres Umganges können wir keine eigenen Anträge stellen, weil Sie eh jeden einzelnen ablehnen, ohne ihn zu prüfen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind immer bereit, über Haushaltseinsparungen, Haushaltsklarheit und Haushaltwahrheit zu reden. Wir haben einen klaren Kurs.
Wir haben zahlreiche Programme vorgelegt. Wir arbeiten gerne mit Ihnen zusammen, aber Sie müssen die Zusammenarbeit auch mal ernst nehmen. Schauen wir, was beim Thema Migration passiert.

Ich sage nur eines: Dieser Haushalt kann so nicht durchs Parlament gehen.
Diese Regierung hat einen abgewirtschafteten Haushalt vorgelegt. Das ist so nicht mittragbar, liebe Kolleginnen und Kollegen.
 

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