Redeauszug der Bundestagsabgeordneten Emmi Zeulner in der Bundestagsdebatte zum Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz, 28.6.2024:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 

Als letzte Rednerin in dieser Debatte möchte ich gerne reflektieren, was mich die ganze Zeit umgetrieben hat, nämlich die Frage der Schuld. Hier wurde ständig von Schuld gesprochen: Wer ist schuld an dem jetzigen Zustand? Ich stelle aktuell schlicht die Frage: Wer ist jetzt in der Verantwortung?

Da muss ich ganz klar sagen: In der Verantwortung sind diese Bundesregierung, dieser Gesundheitsminister und Sie als Parlamentarier. Deswegen reden wir auch davon: Wer ist in der Verantwortung, um Dinge jetzt zu verändern?

Sie haben angesprochen, dass die Kommunen zukünftig mehr Möglichkeiten bekommen sollen. Ich kann Sie nur fragen: Wo leben Sie? Ich kann bei meinen Kommunen nicht erkennen, dass es dort besondere Lust, besondere Motivation oder überhaupt die Lebensenergie dafür gibt, zu sagen: Wir bauen jetzt noch mal neue Strukturen auf. – Meine Kommunen kämpfen im Moment mit ihren Krankenhäusern ums Überleben, weil diese Bundesregierung untätig ist. So ist es. – Und da wieder: die Bayerische Staatsregierung. Es ist mir völlig egal. Wer ist in der Verantwortung bei den Betriebskosten? Die Betriebskosten sind ganz klar beim Bund angesiedelt, und wir reden hier im Deutschen Bundestag.

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:
Liebe Kollegin Zeulner, erlauben Sie eine Zwischen-frage aus der SPD-Fraktion?

Emmi Zeulner (CDU/CSU):
Selbstverständlich.

Tina Rudolph (SPD):
Vielen Dank, Frau Präsidentin, und vielen Dank, Frau Kollegin, fürs Zulassen der Frage. – Bei der Krankenhausreform müsste man jetzt auch auf den Aspekt fokussieren, dass ja ein Teil der Misere dadurch entstanden ist, dass die Krankenhäuser jahrelang aus den Betriebskosten auch die Investitionskosten abschöpfen mussten, die die Länder eben nicht gezahlt haben.

Ich wollte aber eigentlich eine grundsätzlichere Frage stellen; denn es geht ja um Verantwortung. Es stimmt, wir sollten uns hier nicht nur die Verantwortung gegenseitig zuschieben. Aber Sie tun gerade so, als wäre das Problem des demografischen Wandels eines, das erst in dieser Legislatur um die Ecke gekommen ist und das man in den vorherigen Legislaturen nicht hätte absehen können.

Deswegen die Frage: Wenn Sie Ihre Gegenvorschläge formulieren – ich habe so ein bisschen durchgehört, Fachärztinnen und Fachärzte könnte man auch entbudgetieren –, warum sind Sie dann nicht ehrlich und schreiben auch immer dahinter, welche Beitragssatzsteigerungen das bedeuten würde, und zwar in einer Situation wie dieser, die finanziell nicht so rosig ist wie in den vergangenen Jahren?

Emmi Zeulner (CDU/CSU):
Zum Thema der Entbudgetierung möchte ich Ihnen noch etwas sagen. Es war ja ein zentraler Punkt, dass Sie die Hausärzte entbudgetieren wollen. Ich werbe sehr darum, dass Sie sich mal anschauen, wo in dem Bereich es überhaupt noch Entbudgetierungsbedarf gibt. Das, was Sie hier gerade machen, ist nämlich eine Mogelpackung. Die Stadtstaaten profitieren; aber in den allermeisten Regionen gibt es überhaupt kein Problem beim Thema der Entbudgetierung. In Hamburg und Berlin, okay, aber zum Beispiel im Freistaat Bayern sind das minimale Summen, weil die meisten Regionen schon entsprechend profitieren. Das ist Ihre Verantwortung; jetzt sind wir schon wieder beim Thema Schuld.

Ich sage Ihnen eines: Die Gesundheitsregionen beispielsweise sind ein guter Ansatz. Ich hoffe, dass das Konzept der Gesundheitsregionen im parlamentarischen Verfahren wieder zurück in die Verhandlungen kommt. – Ja, das regt mich auf, weil die Leute vor Ort darunter leiden. In Baden-Württemberg beispielsweise ist gerade ein Krankenhaus geschlossen worden. Es war vor zehn Jahren neu gebaut worden. Man hat es nicht hinbekommen, dass dieses Krankenhaus weiter betrieben werden kann. Vor Ort ist der Bürgermeister der SPD wirklich massiv verzweifelt. Da können wir doch nicht einfach sagen: Ja, der ist schuld, der ist schuld, der ist schuld. – Die Verantwortung liegt doch hier. Und das ist mein An-liegen: Wir müssen jetzt handeln.

Deswegen noch mal die Bitte an Sie: Lassen Sie uns doch jetzt mit der Enquete-Kommission zur sektorübergreifenden Versorgung, die Sie immer wollten, anfangen. Dann können wir das gemeinsam gestalten. Weder Ihnen noch mir nutzt es, wenn wir sagen: Ja, vor 20 Jahren ist etwas passiert.

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:
Liebe Kollegin Zeulner, es gibt erneut den Wunsch nach einer Zwischenfrage, diesmal aus der FDP-Fraktion. Ich bitte, dass wir uns ein Stück weit auf die Frage und die Antwort konzentrieren und Sie dann in der Rede fort-fahren. – Lieber Herr Ullmann, Sie haben das Wort.

Dr. Andrew Ullmann (FDP):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Frau Zeulner, danke, dass Sie die Frage zulassen. – Ich schätze Ihre Emotionalität und Ihr Engagement. Meine Frage lautet, nachdem Sie die Zwischenfrage der Kollegin nicht beantwortet haben: Wie viel an Beitragssteigerung sind Sie bereit mitzugehen?

Die nächste Frage wäre: Wollen Sie die konkurrierende Gesetzgebung des Grundgesetzes bezüglich der Verantwortlichkeit der Krankenhäuser aussetzen?

Emmi Zeulner (CDU/CSU):
Würden Sie den letzten Satz bezüglich der Krankenhäuser bitte wiederholen?

Dr. Andrew Ullmann (FDP):
Die Frage ist: In der konkurrierenden Gesetzgebung des Grundgesetzes ist Gesundheit Länderaufgabe. Das heißt, auch Krankenhäuser sind Länderaufgabe. Wollen Sie das Grundgesetz jetzt ändern?

Emmi Zeulner (CDU/CSU):
Wir werden, wenn wir in Bezug auf die Kommunen Pflege zukünftig gestalten wollen, die Verfassung ändern müssen. Ja, das werden wir. Wir werden die Verfassung ändern müssen.

Das ist meine Überzeugung. Unsere Generation wird diesen demografischen Wandel beantworten müssen. Des-wegen sage ich Ihnen: Das ist meine Überzeugung.

Dann haben Sie gesagt, ich sei zu emotional. – Das stimmt. Genau, Sie sagten: Ich schätze Ihre Emotionalität. – Wie auch immer: Männer sind engagiert, Frauen sind emotional. So kommt es rüber. Darauf habe ich keine Lust mehr. Das sage ich Ihnen.

Natürlich bin ich emotional; denn nur mit Leidenschaft verändert man etwas.

Die Themen Migration und Gesundheit werden uns um die Ohren fliegen. Diese Bundesregierung ist zwar nicht schuld, aber Sie sind in der Verantwortung, etwas zu ändern. Darum geht es heute.

Bei den Studienplätzen geht es weiter. Auch da sagen wir nicht, dass die Studienplätze aus der GKV finanziert werden müssen oder die Approbationsordnung geändert werden soll. Aber wir erwarten, dass sich der Bundesgesundheitsminister mit den Ländern zusammensetzt und sagt: Kommt, lasst uns Lösungen finden! Lasst uns mal anders denken! – Man könnte doch mal mit den Ländern darüber sprechen, wie ihre Landeskinder einen Studienplatz bekommen können. Wenn zum Beispiel in Sachsen neue Studienplätze aufgebaut werden und sächsische Landeskinder diese Studienplätze bekommen sollen, dann gibt es im Parlament vielleicht eine Mehrheit dafür. Das könnte man in allen Bundesländern so machen. Also bitte, lasst uns in diesem Bereich einfach anders denken. Darum geht es mir.

Am Ende werbe ich in vielen Bereichen für Veränderungen: weniger feministische Außenpolitik, mehr Gynäkologen, Bedarfsplanung anpassen – das wurde entsprechend formuliert –, mehr feministische Innenpolitik.

Zum Beispiel sollte auch mit der Richtlinienkompetenz von Bundesfinanzminister Lindner endlich gebrochen werden.

Wir müssen da zu Lösungen kommen.

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Bundestagsrede 13.03.2024