Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Sebastian Brehm in der Bundestagsdebatte zur Modernisierung des Unternehmenssteuerrechts, 28.6.2024:
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Seit Jahren mahnen wir hier im Deutschen Bundestag dringend notwendige Modernisierungsmaßnahmen für das Unternehmensteuerrecht in Deutschland an. Wir warten nicht erst drei Jahre, sondern wir mahnen immer wieder. Wir gehen nach dem pädagogischen Prinzip vor, dass Sie, wenn man es Ihnen fünfmal oder siebenmal vorträgt, es vielleicht endlich kapieren. Aber, lieber Herr Kollege Schrodi, wenn man mit der SPD über Steuern spricht, ist es so, wie wenn man mit Blinden über Farben spricht: Sie haben dafür null Komma null Verständnis.
Leider ist unser wertvoller Ansatz der Modernisierung der Unternehmensbesteuerung in der letzten Legislaturperiode an dieser SPD gescheitert.
Diese Blockadehaltung im Deutschen Bundestag ist jetzt in ganz Deutschland spürbar. Es wird noch verschlimmert durch die planwirtschaftlichen Gedankenspiele und Umverteilungen der Grünen.
Aber merken Sie eigentlich nicht, liebe Kollegen, was Sie mit dieser Politik in Deutschland gerade anrichten? Merken Sie denn nicht, dass Unternehmen aus Deutschland abwandern und woanders investieren? Das müssen Sie doch sehen. Oder sind Sie auf beiden Augen blind?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bundesfinanzminister geht durch Deutschland und verkündet, was man an Unternehmensteuerreformen machen könnte. Wir stimmen dem zu, aber es wird gar nichts, null Komma null, von diesen Gedanken in dieser Bundesregierung umgesetzt.
Gemacht worden ist in dieser Legislaturperiode nichts. Und das liegt an Ihrer politischen Agenda. Das liegt an Ihrem Mindset, das Sie haben. Ihr Mindset heißt: Wir sammeln von den Bürgern und von den Unternehmern möglichst viel Geld ein und verteilen es an diejenigen um, die uns politisch und ideologisch wichtig und richtig sind. Das ist aber Planwirtschaft. Das ist weit entfernt von sozialer Marktwirtschaft, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir brauchen starke Unternehmen.
Ihre Reden heute zeigen doch, welchen Neid Sie gegen-über Unternehmen haben, die erfolgreich sind.
Wir brauchen diese Unternehmen; denn die Unternehmen und der Mittelstand in Deutschland sind das Rückgrat für Wohlstand, für Arbeitsplätze; aber auch für alle anderen Ausgaben im Staat. Wenn wir diese Unternehmen nicht haben, können Sie alle anderen Ausgaben im Staat auch vergessen. Deswegen haben wir heute einen Antrag eingebracht, der auf drei wesentlichen Säulen beruht. Erstens: die steuerliche Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland wiederherstellen. Zweitens: die Bürokratie im Steuerrecht abbauen.
Drittens: die Strukturen im Steuerrecht verbessern. Ich sage Ihnen eines: Wenn wir über die steuerliche Wettbewerbsfähigkeit – Ich weiß, Sie haben nicht so viel Interesse daran, aber ich gebe Ihnen mal ein Beispiel. – Lassen Sie mich doch mal ausreden! Hören Sie doch mal zu! Vielleicht lernen Sie auch was dabei.
Wenn man in Deutschland eine Personengesellschaft besteuert, haben wir 42 Prozent Spitzensteuersatz, ab 270 000 Euro 45 Prozent. Dazu kommt die überschießende Gewerbesteuer. Dazu kommt der Solidaritätszuschlag. Dazu kommt die Kirchensteuer. In allen anderen Ländern ist die Steuer 20 Prozent niedriger. Deswegen wandern doch die Unternehmen genau in diese anderen Länder ab.
Und wenn Sie die Steuern nicht senken, dann wird dieser Verfall des Arbeitsplatzstandortes Deutschland weitergehen. Das sind ja Fakten. Übrigens haben wir auch bei Kapitalgesellschaften eine Grenzbelastung von über 32 Prozent; in anderen Ländern sind es 10 Prozent, 15 Prozent.
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Herr Kollege Brehm, ich muss Sie kurz unterbrechen. – Frau Kollegin Beck, Sie haben bereits geredet. Herr Kollege Schrodi, Sie haben bereits geredet. Zwischenrufe, besonders wenn sie intelligent sind, sind erwünscht, weil sie die Debatte beleben. Aber Koreferate durch Zwischenrufe zu halten, finde ich unangemessen. Bitte lassen Sie den Redner einfach mal ausreden, und dann können Sie im Zweifel reagieren.
Sebastian Brehm (CDU/CSU):
Vielen Dank, Herr Präsident. – Also, wir haben im internationalen Vergleich ein großes Delta zwischen der Steuerbelastung für Unternehmen in Deutschland und ausländischen Unternehmen. Wir reden doch nicht da-von – und das ist wieder Ihre neidgeprägte Agenda –, was die Unternehmer aus ihrem Unternehmen rausnehmen und privat verwenden, sondern wir reden davon, dass wir das Geld im Unternehmen belassen, und das Geld, das im Unternehmen bleibt, begünstigt besteuern. Das ist doch ein Riesenunterschied!
Deswegen brauchen wir eine andere Agenda, ein anderes Mindset. Nehmen Sie den Unternehmen nicht das Geld ab, sondern lassen Sie es in den Unternehmen mit einer niedrigeren Besteuerung, sodass die Unternehmen entscheiden können, was sie in die Digitalisierung oder in die Transformation der Wirtschaft investieren! Ich glaube, die Unternehmen können das besser als Sie in der Bundesregierung.
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Herr Kollege Brehm, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Beck?
Sebastian Brehm (CDU/CSU):
Ja, gerne.
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Frau Beck, Sie können die Zwischenfrage stellen.
Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich wollte nur noch mal etwas erläutern und natürlich eine kleine Frage einbauen. Es ist einfach so: Wenn hier Dinge erzählt werden, die so nicht stimmen, dann ist es mir ein Anliegen, lieber Herr Brehm, dazu auch was zu sagen. Ich möchte Ihnen natürlich Ihre Redezeit gönnen, so wie jeder hier seine Redezeit hat. Aber wenn Dinge erzählt werden, die nicht stimmen, dann muss ich etwas sagen. Auch Herr Middelberg hat eben erwähnt, wir hätten nichts gemacht, außer den Grundfreibetrag abzusenken. Das stimmt einfach nicht. Allein in diesem Jahr haben wir durch diverse Gesetze schon Steuersenkungen von über 45 Milliarden Euro bewirkt.
Sebastian Brehm (CDU/CSU):
Wo denn?
Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Deswegen war es mir gerade ein Anliegen, an einigen Punkte auch mal „Das stimmt nicht!“ dazwischenzurufen. Und dann noch die Frage: Was versprechen Sie sich davon, hier teilweise auch Desinformationen vorzutragengen?
Sebastian Brehm (CDU/CSU):
Also, Frau Kollegin Beck, was Desinformationen angeht, würde ich gerne mal wissen, wo Sie 45 Milliarden Euro einsparen über das gesetzliche Maß hinaus, das das Bundesverfassungsgericht eh schon jedes Jahr fordert. Da sind Sie – Überkompensiert haben Sie überhaupt nicht, sondern da sind Sie noch weit hinterher.
Die Menschen in unserem Land werden jeden Tag durch Ihre Nichtüberkompensation ärmer, meine lieben Damen und Herren! Das ist die Wahrheit.
Und wenn Sie mir sagen, Frau Beck, dass wir Desinformationen streuen, dann frage ich Sie zurück. Wir haben 45 Prozent Spitzensteuersatz. Wir haben eine überschießende, nicht anrechenbare Gewerbesteuer bei den Gemeinden über 380 Prozent Hebesatz. Wir haben den Solidaritätszuschlag für diejenigen Unternehmer, die eben nicht entlastet worden sind.
Wir haben die Kirchensteuerbelastung. Das heißt, wir sind bei einer Belastung von knapp 50 Prozent der deutschen Unternehmerinnen und Unternehmer in den Personengesellschaften.
Und die Steuern in den anderen Nachbarländern sind 20 bis 30 Prozent niedriger. Das haben Sie bestritten, aber es ist die Wahrheit. Schauen Sie ins Gesetz! Schauen Sie sich die Steuersätze an! Sie verkennen die steuerliche Realität in Deutschland. Haben Sie überhaupt schon mal mit Mittelständlern gesprochen? Die sind völlig auf der Zinne, täglich, weil sie mit Bürokratie belastet werden.
Jeder Mittelständler hat inzwischen zwei bis drei Tage in der Woche nur mit Bürokratie zu tun. Und dann kommen Sie mit Ihrer Investitionsprämie. Das wäre ein bürokratischer Irrsinn geworden. Immer wenn Sie ein Gesetz einführen wollen, hängen Sie eine riesige Bürokratiephalanx dran. Das ist doch so nicht mehr händelbar.
Kein Mensch kann noch Ihre Bürokratie abarbeiten. Deswegen haben wir wesentliche Punkte in unseren Antrag aufgenommen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der dritte Gedanke des Antrags – neben der Wettbewerbsfähigkeit und der Bürokratieentlastung – ist der, dass wir in die Strukturen des Steuerrechts gehen müssen.
Wenn wir eine internationale Mindestbesteuerung einführen, dann kann man doch das Außensteuerrecht mit den Missbrauchsvorschriften einfach abschaffen. Aber nein, Sie vertrauen den Unternehmen nicht und legen mit Ihrer kleinen Zinsschranke und anderen Dingen noch eine Missbrauchsvorschrift obendrauf. Sie belasten mit Ihrer Missgunst und mit Ihrem Misstrauen gegen die Unternehmer den Standort jeden Tag aufs Neue.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie von den Grünen sagen ja, einige Punkte seien richtig. Sie von der FDP sagen auch, einige Punkte seien richtig. Die SPD hat null Komma null Verständnis für die steuerlichen Sachverhalte. Dann machen Sie doch was daraus! Beenden Sie diese Regierung, und setzen Sie mit uns gemeinsam diese Punkte um!
Herzlichen Dank.