Redeauszug der Bundestagsabgeordneten Dorothee Bär in der Aktuellen Stunde im Deutschen Bundestag zur Meinungsfreiheit bei Veranstaltung an Hochschulen, 26.6.2024.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich möchte mich zunächst mal bei Ria Schröder bedanken, die bislang die einzige Rede der Ampel gehalten hat, wozu ich wirklich sagen kann: Vielen herzlichen Dank! Sie haben verstanden, was wirklich in der letzten Woche passiert ist.

Dass Sie sich an die Seite unserer Kollegin Mareike Lotte Wulf gestellt haben, ist wirklich aller Ehren wert.

Das, was SPD und Grüne heute hier abgezogen haben, macht einen wirklich absolut fassungslos. Ich muss ganz ehrlich sagen, Frau Schönberger: Keine Entschuldigung, nur einfach ein kleines „Es ist nicht okay“! Aber eine solche Täter-Opfer-Umkehr hier zu betreiben, das geht einfach gar nicht.

Sie negieren und relativieren, aber entschuldigen sich nicht und gehen auf die Vorwürfe von Nadine Schön gar nicht ein. Was mit der Grünen Jugend an dieser Universität passiert ist, ist wirklich unfassbar.

Am meisten – das muss ich wirklich sagen – beschäftigt mich seit Jahren, dass immer die vermeintlich Toleranten am intolerantesten sind. Sie sind immer genau die Partei, die Toleranz einfordert, sind aber dann so intolerant, wenn jemand eine andere Meinung vertritt, dass es wirklich schmerzt.

Ich möchte es wiederholen, weil es bislang offensichtlich weder die SPD-Fraktion noch die Grünenfraktion verstanden haben, was letzte Woche passiert ist: Eine frei gewählte Abgeordnete will zu ihrer Berichterstattung an einer Uni einen Diskurs führen. Sie besucht die Universität auf Einladung des RCDS. Ich war selber jahrelang RCDS-Landesvorsitzende und weiß, wie schwierig es ist, an Universitäten solche Vorträge zu organisieren. Sie geht in den Saal rein und stellt sich dem Diskurs. Dann gibt es Sharepics von der linken Jugend und der Grünen Jugend, die geteilt werden. Da wird eine Frau als transfeindlich, als homophob hingestellt, die in den letzten beiden Jahren als Berichterstatterin die sanfteste, netteste, angenehmste Kollegin war, die man sich nur vorstellen kann, die wirklich von allen Seiten nur gelobt wurde, genauso wie übrigens unsere gesamte Diskussionskultur zum Selbstbestimmungsgesetz. Dennoch heißt es, da seien Transleute nicht willkommen. Das stimmt nicht. Das war eine offene Veranstaltung. Jeder hätte teilnehmen und diskutieren können. Aber das wollen Sie gar nicht. Sie wollen gar nicht diskutieren. Sie wollen die Argumente nicht hören, nicht die des Deutschen Ärztetags oder der Sachverständigen, die wir eingeladen hatten.

Sie lassen zu, dass Ihre Grüne Jugend sich so radikalisiert, dass eine einzelne Abgeordnete plötzlich 200 Leuten gegenübersteht. Ich muss etwas korrigieren: Die Veranstaltung wurde gar nicht abgebrochen, sie hat gar nicht erst angefangen. Es ist noch nicht mal ein einziges Wort gefallen, und unsere Abgeordnete wurde schon aus dem Saal getrieben, und zwar von Leuten, die geschrien und skandiert haben – ich zitiere –: „Halt die Fresse! Halt die Fresse! Halt die Fresse!“, und dass einer Bundestagsabgeordneten gegenüber. Aber es gab anschließend keinen Aufschrei.

Ich bin froh, Herr Lehmann, dass Sie heute in der Debatte noch da sind. Wo sind Sie denn? Ist Frau Wulf in der falschen Partei, oder warum stellen Sie sich denn nicht einfach mal hin und sagen: „Nein, so geht es nicht, meine lieben Kolleginnen und Kollegen“?

Es ist jetzt eine Woche her. Wenn Sie noch mal darüber hätten schlafen müssen, hätten Sie sieben Tage dazu Zeit gehabt. Was ist denn mit Frau Ataman? Jedes Mal fordert sie mehr Geld. Aber was geschieht, wenn wirklich jemand diskriminiert wird? Ist jetzt die Falsche diskriminiert worden? Die passt natürlich nicht ins Weltbild. Wo kommen denn von Ihren Grünen die Entschuldigungen?

Es ist einfach kein Diskurs gewünscht. Es ist eine Cancel Culture. Sie wollen, dass in diesem Land nur noch die Richtigen etwas zu sagen haben. Sie fühlen sich allen anderen gegenüber moralisch überlegen. Das können und das wollen wir nicht dulden. Das ist eine woke Selbstgerechtigkeit, die in keiner Weise in Ordnung ist.

Ich dachte, genau deswegen haben Sie eine Antidiskriminierungsbeauftragte eingeladen.

Die Unterscheidung in richtige und falsche Meinung zieht sich durch alles, was Sie hier machen. Sie lässt sich beim Selbstbestimmungsgesetz der Ampel finden, dass ein bußgeldbewehrtes Offenbarungsverbot vorsieht. Das gilt aber nur, wenn Sie in die eine Richtung argumentieren. Beim Gehsteigbelästigungsgesetz ist es das Gleiche. Das heißt, eine Einengung der Meinungsfreiheit wird in dieser Ampel auch ganz bewusst von den Grünen tagtäglich vorgenommen. Wenn dann mal jemand anderem etwas passiert, dann ist eben keiner da.

Ich erwarte, Herr Lehmann – ich sage es auch Ihnen noch mal ganz bewusst –, dass Sie sich spätestens nach der Debatte auch mal öffentlich äußern. Ansonsten kann ich Ihren Job als Queerbeauftragter dieser Regierung in keiner Weise ernst nehmen.

Der Großteil der Menschen in diesem Land, liebe Mareike, steht hinter dir. Wir haben so viele Zuschriften bekommen, so viel Unterstützung. Wir lassen uns nicht mundtot machen. Wir werden als Union und auch in Zusammenarbeit mit dem RCDS weiterhin aufklären, diskutieren und den Diskurs suchen; denn wir haben keine Angst vor Diskussionen. Wir stehen zu unserer Meinung. Wir bitten Sie, das genauso zu handhaben.

Herzlichen Dank.

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