Redeauszug der Bundestagsabgeordneten Katrin Staffler in der Haushaltsdebatte im Deutschen Bundestag zum Thema Bildung und Forschung, 30.1.2024.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Liebe Frau Ministerin Stark-Watzinger, Sie sind mit hohen Zielen und mit vielen Plänen in Ihre Amtszeit gestartet. Sie wollten einen Grundstein legen für ein Jahrzehnt der Bildungschancen. Sie wollten die Bedürfnisse und die Anliegen junger Menschen in den Mittelpunkt rücken und ihnen in dieser Bundesregierung Gehör verschaffen. Seitdem sind gerade mal zwei Jahre vergangen, und feststellen muss man leider das genaue Gegenteil. Die jungen Menschen in Deutschland fühlen sich von dieser Bundesregierung einfach im Stich gelassen.
Sie sind angetreten mit dem Anspruch, das BAföG ernsthaft und strukturell zu reformieren. Ich erinnere mich noch sehr gut an die beiden Debatten zu den ersten kleinen Mini-BAföG-Reförmchen, die Sie gemacht haben. Was haben die Kolleginnen und Kollegen der Ampelfraktionen uns da nicht alles versprochen für die zweite, für die richtige, für die große BAföG-Reform! Die Erwartungen waren entsprechend hoch. Das Ergebnis ist jetzt ein nicht abgestimmter Referentenentwurf, der meilenweit hinter dem, was wir erwartet haben, zurückbleibt und der mehr Profilierung für die Ministerin ist als eine Problemlösung für die, die wirklich von den Themen betroffen sind.
Teilzeitförderung? Fehlt! Vorschlag zur Digitalisierung des Antrags- und des Bearbeitungsprozesses? Fehlt! Wo bleibt denn vor allem im Hinblick auf die Erhöhung der Bedarfssätze nach zwei Jahren Rekordinflation die deutliche Unterstützung für die jungen Menschen?
Ich kann es Ihnen sagen: Sie fehlt! Sich jetzt hier hinzustellen und zu sagen, eine Erhöhung der Bedarfssätze wäre nicht notwendig, ist geradezu ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die auf BAföG angewiesen sind. In welcher Realität leben Sie denn, wenn Sie so etwas sagen?
Sie haben mit dem Referentenentwurf alle Hoffnungen auf eine große BAföG-Reform beerdigt. Deswegen verwundert es nicht, dass die Koalitionspartner dann innerhalb von wenigen Stunden nach Bekanntwerden direkt Nachbesserungen gefordert haben, um zu retten, was zu retten ist.
Es hilft aber nichts, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und der SPD – so wie heute hier mehrfach passiert –, dass Sie jetzt versuchen, in den Haushaltsberatungen einen psychologischen Trick anzuwenden. Sie verkaufen die Finanzmittel für das BAföG als ein Plus von 150 Millionen Euro. Dabei sind es in Wahrheit nur 150 Millionen Euro weniger als die Kürzungen, die Sie ursprünglich angedacht hatten, nämlich das Minus von 700 Millionen Euro.
Es ist peinlich und einer ehrlichen Debatte nicht würdig.
Es ist nicht nur das BAföG, das beweist, dass die jungen Menschen in der Bundesregierung keine Stimme haben. Erinnern wir uns zurück an das Debakel um den 200-Euro-Zuschuss, auf den wir ewig warten mussten.
Und was ist eigentlich mit den KfW-Studienkrediten?
Da gab es mal einen kurzen Aufschrei in der Koalition. Aber jetzt versteckt man sich scheinbar hinter der Aussage „Das geht irgendwie nicht“, und hofft, dass es niemand mehr zur Sprache bringt.
Wir werden es weiter zur Sprache bringen.
Ich frage Sie: Wollen wir wirklich so mit den jungen Menschen in unserem Land und mit der Zukunft unseres Landes umgehen? Das ist kein Jahrzehnt der Bildungschancen. Von dem Anspruch ist heute nichts mehr zu spüren.
Ich bin beim letzten Satz. – Sie sind die Ministerin der verpassten Chancen. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Geben Sie den jungen Menschen die Hoffnung zurück!
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