Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Tobias Winkler zur Intensivierung der Unterstützung für die Ukraine, 19.01.2024:

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Während der drei Minuten meiner Redezeit werden von russischen Truppen etwa 200 Schuss Artilleriemunition auf ukrainische Soldaten abgefeuert, mehr als ein Schuss pro Sekunde. Im gleichen Zeitraum werden in der gesamten Europäischen Union noch nicht einmal zwei Geschosse produziert. Diese Zahlen sind keine abstrakte Statistik; hier geht es um Leben und Tod. Diese Zahlen zeigen, wie groß mittlerweile die Diskrepanz bei der Materialversorgung ist. Und dennoch verteidigen die ukrainischen Soldatinnen und Soldaten tapfer ihr Land und unser Europa.

Die Verteidigungsminister haben vor zehn Monaten, im März 2023, versprochen, binnen eines Jahres 1 Million Stück Artilleriemunition an die Ukraine zu liefern. Es bleiben noch zwei Monate, und wir sind noch nicht einmal bei der Hälfte angelangt.

Bei den Gründen für die Nichtlieferung von Taurus- Marschflugkörpern bleibt uns der Bundeskanzler bis heute die Antwort schuldig; das ist traurig genug, aber jetzt sprechen wir von einfacher 155-Millimeter-Artilleriemunition.

Wenn wir nachfragen, dann heißt es, die Industrie habe nicht genug Kapazitäten. Das ist falsch! Die Kapazitäten wurden seitens der Rüstungshersteller bereits erhöht, selbst ohne Bestellungen und ohne feste Abnahmegarantien. Dann heißt es, die Mitgliedstaaten füllten zunächst ihre eigenen Bestände auf und lieferten deshalb zu wenig. Auch das ist falsch! Schauen Sie die Bestände der Bundeswehr an; die sind nach wie vor besorgniserregend niedrig. Dann hieß es, wir bräuchten neue Rahmenverträge und das würde dauern. Auch falsch! Die bestehenden Rahmenverträge sind bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Und der Verweis darauf, dass kein Geld da wäre oder die Haushaltsordnung im Wege stünde, ist genauso vorgeschoben. Geld ist genug da; aber es wird einfach nicht bestellt.

Auch in Europa liegen wir weit zurück. Um es technisch zu erläutern: Wenn wir uns anschauen, was wir uns aus dem europäischen Three-Track Plan zurückholen, dann stellen wir fest, dass es in der ersten Tranche gerade einmal 10 Prozent sind. Dabei wäre die Munitionsbeschaffung eine ideale Gelegenheit, um unsere Kräfte in der Europäischen Union zu bündeln.

Herr Kollege Müller, weil Sie den europäischen Ansatz anzweifeln: Die Europäische Verteidigungsagentur steht bereit; wir sind es, die nicht bereitstehen.

Der Bundesverteidigungsminister ist heute genau ein Jahr im Amt. Wir hoffen, dass er seine exzellenten Kontakte nach Frankreich nutzt. Deutschland muss hier vorangehen.

Es ist die Stunde für Architekten eines wehrhaften Europas. Lassen wir die Ukraine nicht im Stich! Nehmen wir unsere Verantwortung für Frieden, Freiheit und Sicherheit in Europa endlich in die eigene Hand!

Vielen Dank.

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