Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Alexander Dobrindt zum Schutz jüdischen Lebens in Deutschland, 9.11.2023:
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Sehr geehrte Frau Margot Friedländer! Sehr geehrter Herr Schuster! Sehr geehrter Herr Prosor!
Dieses Jahr jährt sich der 9. November zum 85. Mal. Die Reichspogromnacht markiert in ihrer Brutalität, in ihrer Barbarei, in ihrem Terror den Beginn der Vernichtung von Millionen Jüdinnen und Juden durch Nazideutschland.
Dass wir heute nach diesem Vernichtungsterror, nach der Shoah wieder ein reichhaltiges jüdisches Leben in Deutschland haben, ist ein historisches, ein unfassbar wertvolles Geschenk. Dass die jüdische Bevölkerung in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland deutlich angewachsen ist, ist der Beleg dafür, dass wieder Vertrauen entstanden ist, dass unser Land für Juden eine sichere Heimat ist.
Inzwischen fragen sich aber nicht wenige, ob dieses Vertrauen gerechtfertigt ist. Wir erleben Bilder auf unseren Straßen, in Berlin, in Düsseldorf, in Essen, die nicht zu ertragen sind, wo der Mord, der Terror an Juden gefeiert wird, wo zur Vernichtung des Staates Israel aufgerufen wird, wo Terror offen unterstützt wird.
Deswegen geht es jetzt, 85 Jahre nach der Reichspogromnacht, darum, das Vertrauen der Juden in diesen Staat politisch zu rechtfertigen – und das nicht durch Worte, sondern durch politische Taten, meine Damen und Herren.
Es war Konrad Adenauer, der 1951 im Deutschen Bundestag formuliert hat, „dass diejenigen, die antisemitische Hetze treiben, durch unnachsichtige Strafverfolgung bekämpft werden und das Strafgesetzbuch dazu ergänzt wird“. Die gleiche Entschlossenheit erwarte ich heute von uns allen und von dieser Bundesregierung. Der Kampf gegen Judenhass auf unseren Straßen gehört nicht nur ins Plenarprotokoll, sondern mit konkreten Maßnahmen ins Bundesgesetzblatt, meine Damen und Herren.
Frau Bundesinnenministerin, Sie haben heute hier zu Recht auf unsere geschichtliche Verantwortung verwiesen. „Es darf kein Aber geben“, das waren Ihre Worte. Ich danke Ihnen ausdrücklich für Ihre Worte an dieser Stelle. Der Bundeswirtschaftsminister hat in einem Video kürzlich gesagt: Das Ausmaß bei den islamistischen Demonstrationen sei inakzeptabel und brauche eine harte politische Antwort. – Ich stimme Ihnen beiden ausdrücklich zu. Ich frage Sie aber: Wo sind Ihre harten politischen Antworten?
Ich sage Ihnen, wie die ausschauen sollten: Stufen Sie Antisemitismus als besonders schweren Fall der Volksverhetzung ein, und verhängen Sie eine Mindestfreiheitsstrafe von sechs Monaten für diejenigen, die gegen Israel hetzen!
Schreiben Sie ins Aufenthaltsgesetz, dass antisemitische Straftaten zu einer regelhaften Ausweisung führen, und regeln Sie den Passentzug bei Doppelstaatlern bei Verurteilung wegen antisemitischer Straftaten!
Unsere Botschaft muss eindeutig und klar sein: Die Staatsräson ist, das Existenzrecht Israels zu schützen und die Sicherheit von Juden in Deutschland zu garantieren. Und deshalb gilt: Wer nicht mit Israel leben will, wer nicht friedlich mit Juden leben will, der kann auch nicht in Deutschland leben.
„Israels Sicherheit ist Deutschlands Staatsräson. … Ich habe in diesem Verständnis gegenüber Israel all unsere Unterstützung in jeglichen Bereichen angeboten.“ Das hat die Bundesaußenministerin am 11. Oktober hier im Bundestag erklärt. Bei der Abstimmung in der UN, Herr Bundeskanzler, ist Ihre Regierung diesem Anspruch nicht gerecht geworden.
Erklärungsversuche, die danach geheißen haben, Deutschland müsse sich eine Vermittlerrolle erhalten, tun das noch viel weniger. Für uns ist klar: In der Frage Israels sind wir nicht Vermittler, sondern immer Partei. Deswegen kann es auf eine solche Resolution nur eine Antwort geben, meine Damen und Herren, und die heißt: Nein.
85 Jahre nach der Reichspogromnacht blicken wir fassungslos auf Antisemitismus auf unseren Straßen. Die Jüdinnen und Juden in Deutschland, sie vertrauen uns, der Politik, dem Rechtsstaat Deutschland. Deswegen kann es an diejenigen, die auf unseren Straßen ein Kalifat fordern, die IS-Terror und Judenhass verbreiten, nur eine Botschaft geben: Die Jüdinnen und Juden gehören unverbrüchlich zu unserem Land, ihr aber nicht.