Redeauszug der Bundestagsabgeordneten Emmi Zeulner in der Bundestagsdebatte zur Reform der Ausbildung der Physiotherapieberufe, 18.10.2023:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 


Uns als CDU/CSU-Bundestagsfraktion war es wichtig, heute im Deutschen Bundestag unseren Antrag zur Reform der Ausbildung der Physiotherapieberufe auf die Tagesordnung zu setzen, und zwar nicht unter „ferner liefen“, sondern mit Debatte. Wir wollen damit unsere Wertschätzung gegenüber den Gesundheitsfachberufen ausdrücken.


Denn es waren diese, die während der Pandemie als systemrelevant eingestuft wurden und die Versorgung gesichert haben.
Es ist der Auftakt zu weiteren Reformen, die wir als Union bereits in der letzten Legislaturperiode angestoßen haben und auch aus der Opposition heraus weiter aktiv begleiten und auch von der Bundesregierung einfordern werden. Das meine ich in Bezug auf die Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, aber unter anderem auch in Bezug auf eine Berufsreform der Medizinischen Fachangestellten; auch dazu haben wir bereits einen Antrag eingebracht. Denn wir wissen: Klatschen alleine reicht nicht. Wir wollen diese Berufe fördern und zukunftsfest machen; denn wir brauchen sie mehr denn je.


Der erste Aufschlag bei dieser Reformbewegung ist dabei die Reform der Physiotherapieausbildung. Unser Antrag fordert im Kern eine echte Teilakademisierung des Physiotherapieberufs und keine Vollakademisierung, auch nicht durch die Hintertür.


Das bedeutet, dass der Zugang zum originären Beruf des Physiotherapeuten sowohl über den berufsfachschulischen als auch über den hochschulischen Weg erlernt werden kann.


Daneben soll weiterhin separat die Ausbildung zum Masseur und medizinischen Bademeister reformiert bestehen bleiben. Wir wollen in einem Beruf, in dem Fachkräftemangel herrscht, den Zugang nach unten weiter offenhalten und zugleich neue Karrierepfade nach oben eröffnen.
Es geht um den Erhalt einer Durchlässigkeit in diesem Beruf und das Versprechen: kein Abschluss ohne Anschluss. Ich muss das hier so explizit erklären; denn Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat der Debatte massiv geschadet, indem er die Vollakademisierung unter dem Deckmantel einer Teilakademisierung propagiert hat.


So war im Nachgang des Therapiegipfels des Spitzenverbandes der Heilmittelverbände im November 2022 zu lesen, dass die Teilakademisierung im Verständnis des Ministers bedeute, dass die Ausbildung zum Physiotherapeuten vollständig akademisiert wird und nur die Ausbildung zum Masseur und medizinischen Bademeister fachschulisch bleiben soll. Für uns als Union ist das absolut inakzeptabel!


Die Antwort auf unsere Kleine Anfrage aus dem Dezember 2022 gibt dabei Anlass zur Hoffnung, dass das Bundesgesundheitsministerium unserem Konzept folgt; denn im Gegensatz zu den Hebammen mit einer sehr kleinen Auszubildendenzahl macht es bei der wesentlich größeren Ausbildungskohorte der Physiotherapeuten keinen Sinn, den Zugang durch eine Vollakademisierung derart zu verknappen. 60 Prozent der derzeitigen Auszubildenden würden wir den Zugang verwehren bzw. gezielt erschweren.


Auch die Berufsbildungsmöglichkeiten blinder, sehbehinderter oder hörgeschädigter Menschen scheinen bei Minister Lauterbach schlicht vergessen worden zu sein. Aber anders als in allen anderen Berufen liegt für diese Menschen die Vermittlungsquote in reguläre Beschäftigungsverhältnisse in der Physiotherapie bei nahezu 100 Prozent. Das abzuschneiden, wäre unverantwortlich, auch im Sinne der Versorgung der Menschen vor Ort.


Wir wollen die Physiotherapieberufe attraktiver machen. Deshalb fordern wir zudem in unserem Antrag, dass in Zusammenarbeit mit den Ländern der Abschluss eines Bachelor Professional an den Fachschulen konzipiert wird. Auch das sorgt für neue Karrierepfade und entspricht dem Grundsatz des lebenslangen Lernens.
Abgerundet wird unser Konzept durch die Überarbeitung des Zertifikatesystems; denn es kann ja nicht sein, dass ein junger Mensch mit abgeschlossener Ausbildung erst einmal mehrere Tausend Euro aufbringen muss, um seinen erlernten Beruf dann tatsächlich ausüben zu können.


Auch die Umsetzung der Schulgeldfreiheit und eine Ausbildungsvergütung sind für das Mithalten im großen Wettbewerb um Fachkräfte Grundlage. Mit dem Antrag legen wir ein rundes Konzept vor. Auch hier haben wir kein Erkenntnisproblem, sondern wir haben ein Umsetzungsproblem.


Wir bieten Ihnen heute mit unserem Antrag die Chance, dieses Thema zu diskutieren und zu verinnerlichen, und wir fordern Sie mit unserem Antrag auf: Packen Sie die Reform endlich an!


Vielen Dank.
 

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