Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Artur Auernhammer in der Bundestagsdebatte zur Aussetzung der Stilllegung von Agrarflächen am 22.6.2023:
Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen!
Ich weiß nicht, ob schon jeder den Schuss gehört hat. Ich weiß nicht, ob schon jeder gemerkt hat, dass wir in einer Zeitenwende leben, dass wir im Deutschen Bundestag Verantwortung nicht nur für die europäische Agrarpolitik haben, sondern auch für die Menschen auf der ganzen Welt, für die Welternährung. Da, Herr Kollege Bär und liebe Freundinnen und Freunde der Grünen, müssen auch Sie nachjustieren.
Wir haben aufgrund des Angriffskriegs von Putin eine ganz andere Situation bei der Welternährung. Vor mehr als zwei Wochen ist dieser Anschlag auf den Staudamm in der Ukraine passiert, was verheerende Auswirkungen auf die landwirtschaftlichen Nutzflächen hat: Es gibt wesentlich mehr Felder, die durch die Minen, die herausgespült werden, jetzt nicht mehr nutzbar sind. Es gibt dort in der Ukraine keine Bewässerungsmöglichkeiten mehr. Die Ukraine fällt in den nächsten Jahren als Lebensmittelexporteur aus. Und das müssen wir sehen. Da ist unser entschiedenes Handeln erforderlich. Ein solches Handeln verlange ich auch von der Bundesregierung, meine Damen und Herren.
Wir diskutieren im Agrarausschuss ja oft auch über Berichte von der europäischen Ebene. Wir fragen nach: Wie läuft das denn mit dem Getreidekorridor? Wir wissen, dass das alles sehr fragil ist. Wir wissen zum Beispiel, dass das Getreide aus der Ukraine in die Nachbarländer exportiert wird und dort die Märkte kaputtmacht. Aber die Menschen auf der Welt, die dieses Getreide brauchen, bekommen es gar nicht. Hier ist Spekulation Tür und Tor geöffnet.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die wichtigste Aufgabe der deutschen Bauernfamilie ist, die Menschen zu ernähren. Ihre wichtigste Aufgabe ist, Nahrungsmittel zu produzieren, und die deutschen Bäuerinnen und Bauern wollen Nahrungsmittel produzieren. Deshalb: Bitte, lassen wir sie die Arbeit tun, die sie gerne machen. Deswegen muss einfach die Pflicht zur Stilllegung von 4 Prozent der Agrarflächen weg. Diese Pflicht ist aus der Zeit gefallen; sie ist nicht mehr zeitgemäß. Unsere Bäuerinnen und Bauern wollen produzieren. Lassen wir sie auch!
Natürlich kommt das Argument: Wir brauchen ökologische Ausgleichsflächen, wir brauchen mehr Biodiversität. – Biodiversität und Artenschutz: Das geht nicht mit Prozentvorgaben für Flächenstilllegungen. Das geht mit Qualifizierung von Flächen, die wir ökologisch aufwerten können. Da hilft keine sture Prozentvorgabe, wie sie vielleicht die Grünen für richtig ansehen, sondern wir müssen qualifizierte ökologische Ausgleichsflächen schaffen. Zu diesen 4 Prozent der Agrarflächen gehören ab und zu ja auch Flächen, bei denen der Landwirt kein Interesse hat, sie wieder für die Nahrungsmittelproduktion zu verwenden, und die stillgelegt bleiben.
Ein Gedanke sei mir zum Schluss noch gestattet. Wir haben jetzt im Zusammenhang mit dem sogenannten Mehrfachantrag die Antragsphase hinter uns. Ich habe ganz großen Respekt vor den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Ämtern für Landwirtschaft. Sie sagen mir alle hilferufend: Schafft diese Pflicht zur Stilllegung von 4 Prozent der Agrarflächen ab! Sie macht nur Arbeit. Sie bedeutet zusätzliche Auflagen und macht unsere Nerven kaputt. Wir wollen doch für die Landwirtschaft arbeiten, und die Landwirtschaft will für die Welternährung arbeiten. – Lassen wir sie gewähren!
Danke schön.