Seit drei Jahren diskutieren Bund und Länder über die Verteilung von fünf Milliarden Euro für die Digitalisierung der Schulen. Aktuell gibt es aber noch Klärungsbedarf zwischen Bund und Ländern, daher wurde ein Vermittlungsausschuss eingesetzt. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU im Bundestag, Stefan Müller, sieht die Notwendigkeit, die Zuständigkeiten grundsätzlich neu zu ordnen.

Angeblich eilt die Digitalisierung. Doch den Schulen wird seit drei Jahren eine Milliarden-Investition versprochen. Haben wir also Zeit?

Im Gegenteil. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren. In der Tat reden wir seit drei Jahren über die Frage, wie der Bund die Länder bei der wichtigen Frage der Digitalisierung in der Bildung unterstützen kann. Und wir kommen zu keinem Ergebnis. Das Gesetz liegt jetzt im Vermittlungsausschuss. Das Ziel muss sein, dass wir bis zur nächsten Bundesratssitzung am 15. Februar ein Ergebnis haben. Eltern, Schüler und Schulträger warten schon viel zu lange. Diese Debatte darüber, welche Rolle Bund und Länder haben und wer womöglich seine Kompetenzen überschreitet, versteht keiner mehr in der Bevölkerung. Wir müssen das beenden.

Wie kann eine Lösung aussehen?

Wir haben nicht nur ein Gesetz im Vermittlungsausschuss, sondern vier. Bei drei Gesetzen gibt es keinen Dissens. Die Länder haben keine Einwände bei den Themen sozialer Wohnungsbau, Gemeindeverkehrswegefinanzierung und Autobahngesellschaft. Aber ich sage auch klar, wenn wir beim Digitalpakt scheitern, dann wird auch aus den anderen Gesetzen nichts. Wir verhandeln alles als Paket. Es ist also Kompromissbereitschaft gefragt. Auf allen Seiten.

Woran hakt es denn?

Wir haben eine Änderung des Grundgesetzes geplant. Im Artikel 104c soll die Beschränkung auf finanzschwache Kommunen gestrichen werden. So können dann alle Kommunen unabhängig von ihrer Haushaltslage von den insgesamt fünf Milliarden Euro für die Digitalisierung der Schulen profitieren. FDP und Grüne haben aber darauf bestanden, dass der Artikel nun betont, dass der Bund Qualität und Leistungsfähigkeit der Schulsysteme sicherstellen soll. Das empfinden einige Länder als zu großen Eingriff in ihre Bildungshoheit. Ich teile zwar diese Auffassung nicht, aber wir können die Bedenken nicht ignorieren. FDP und Grüne sollten zum ursprünglichen Kompromiss zurückkehren und auf den Zusatz verzichten.

Auch die CDU mauert. Baden-Württembergs Kultusministerin meint, es brauche keine Grundgesetzänderung.

Damit steht sie weitgehend allein. Es gibt jedenfalls die mehrheitliche Einschätzung bei den Verfassungsrechtlern, dass es einer Grundgesetzänderung bedarf. Erst sie schafft die nötige Rechtssicherheit und sorgt dafür, dass der Bund Verantwortung übernehmen kann. Nur mit einem Staatsvertrag zwischen Bund und Ländern geht das nicht.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sagt, wegen zwei Tablets gebe man die Souveränität nicht auf. Hat er verstanden, worum es geht?

Es geht ja nicht darum, dass der Bund die Schulen mit Hardware versorgen will. Es geht um die Schaffung von Infrastruktur, von WLAN, von Anschlüssen, von Glasfaserversorgung. Es ist Sache der Länder, ob sie mit dem übrigen Geld Hardware wie Tablets finanzieren. Die Länder müssen aber gleichwohl akzeptieren, dass der Bund Kontrollrechte bekommt. Bei einem solchen Finanzvolumen ist es nur nachvollziehbar, dass der Bund auch wissen will, wohin das Geld geht. Die Länder beteuern, dass sie das Geld rechtmäßig ausgeben wollen. Wenn dem so ist, dann können sie das auch nachweisen. Solche Kontrollrechte sind nichts Neues, die sieht das Grundgesetz längst vor. Insofern kann ich die Klage der Länder darüber nicht nachvollziehen.

Und warum vertraut der Bund nicht dem Wort der Länder?

Wir haben da schlechte Erfahrungen gemacht. Der Bund hat vor einigen Jahren die Finanzierung des BAföG komplett übernommen. Es gab dazu eine politische Vereinbarung mit den Ländern, dass die das frei werdende Geld in Schulen und Hochschulen stecken. Letztlich ist das längst nicht überall geschehen. Wir brauchen also mehr als nur einen politischen Handschlag.

Die Länder sperren sich dagegen, die Maßnahme hälftig zu kofinanzieren. Sind Sie zu Zugeständnissen bereit?

Es werden alle Themen im Vermittlungsausschuss ausführlich zur Sprache kommen. Auch die Kofinanzierung. Allerdings haben wir alle ein gemeinsames Interesse, die Digitalisierung an den Schulen voranzubringen. Aus diesem Interesse leitet sich für mich ab, dass natürlich auch die Länder ihren finanziellen Anteil leisten müssen. Deshalb können wir auf die Kofinanzierung nicht verzichten. Wer dann welchen Anteil übernimmt, darüber kann man reden.

Der Bund macht den Ländern ein großzügiges Angebot. Fünf Milliarden Euro für fünf Jahre. Die Länder behalten die Verantwortung für die Lehrpläne, die pädagogischen Konzepte und die Aus- und Fortbildung der Lehrer. Aber wenn es bei dieser Kompromisslosigkeit bleibt, die wir derzeit erleben, halte ich das Scheitern des Digitalpakts nicht für ausgeschlossen.

Braucht es eine Föderalismusreform?

Markus Söder hat ja als künftiger Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz schon entsprechende Vorschläge gemacht. Ich halte es jedenfalls für geboten, sich die Zuständigkeiten noch einmal genauer anzusehen. Offenbar haben die bisherigen zwei Reformen nicht zu einer klaren Lösung geführt. Das könnte aber auch heißen, dass der Bund bereit ist, Zuständigkeiten abzugeben, wenn die Länder ihre Aufgaben dann besser erfüllen können. Aber umgekehrt muss es natürlich auch heißen, dass wir auf Bundesebene weniger Gesetze bekommen, bei denen die Länder zustimmen müssen und wir uns so langwierige Vermittlungsverfahren sparen können.

Vor dem Hintergrund, dass wir immer mehr bunte Koalitionen in den Ländern haben, spricht einiges dafür, dass wir solche Situationen wie jetzt beim Digitalpakt künftig vermeiden sollten. Eine Reform der Zuständigkeiten kann da helfen.

 

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